Das Erbe des Lichts
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Ein Jahr ist vergangen seit Seraphim von Grim und Mia besiegt wurde. Doch nun geschehen grausame Morde in der Oberwelt von Paris. Schnell stellen diese sich nur als Vorgeschmack auf weit Schrecklicheres heraus: Die Feen wollen die Grenze zwischen den Welten einreißen und in die Welt der Menschen zurückkehren – und sich an den Menschen rächen. Zu allem Überfluss sind die Dunkelelfen, die ihnen helfen, unsterblich. Eine letzte Hoffnung führt Grim auf die Spuren des legendären Kriegers des Lichts.
Das Buch erhält 7- von 10 Punkten.
Gesa Schwartz' zweiter Grim-Roman startet interessant mit mysteriösen, übernatürlichen Morden. Der bald auftauchende unsterbliche Schurke wäre ein formidabler Gegner. Aber leider bleibt es nicht bei diesem: eine ganze Horde kommt nach und nicht nur hier leidet der Roman unter einem Immer Mehr.
Weltenrettung: Aber einfach zu viel
Was wie ein Kriminalfall beginnt wird schnell zur Weltenrettung. Schade. Ich für meinen Teil muss nicht immer die Welt gerettet sehen, wenngleich dies in der Fantasy ein Standard-Plot ist. Der einzelne unsterbliche Feind war interessant, die Bedrohung ausreichend und die Hintergründe geheimnisvoll. Doch leider legt sich das schnell und mit der ganzen Welt als Einsatz ist auch die Bedrohung wieder in (zu) bekannten Bahnen. Ein Mörder hätte gereicht; ein Kriminalfall wenn man will (immerhin leitet Grim die Gargoyle-Polizei).
Stattdessen fügt die Autoren immer mehr Mythen und Legenden hinzu und auch einige Plots, die mit der Haupthandlung im Grunde wenig zu tun haben. Mit vielen Zweifeln und Reflektionen der Figuren sowie Beschreibung wird der Roman hierdurch langsamer und langsamer. Seit langer Zeit ist dies mal wieder ein Buch, das ich zur Seite legte um mehrere andere zwischendurch zu lesen. Dabei ist der Roman nicht schlecht: Gesa Schwartz kann schreiben. Aber der Roman ist auf mehrere Arten überladen.
Konservierung der Kräfte
Man denke einmal an einen beliebigen Film: Gibt es 100 Feinde und 1 Helden, was passiert? Richtig: Der Held wird die Hundert ohne Aufwand besiegen Erst bei einem 1 gegen 1 oder ähnlicher Gleichheit ist ein Gegner wirklich gefährlich – nicht nur in der Fantasy, auch bei James Bond oder einem beliebigen anderen Genre. Das macht für Geschichten Sinn: während auch einmal der Underdog gewinnt muss für echte Spannung ohne unglaubwürdigen Twist auf mindestens einer Ebene Chancengleichheit herrschen.
Dieser Roman stürzt in eben jene Problematik. In einem Satz zusammengefasst: ein unsterblicher Feind reicht. Eine ganze Armee von Unsterblichen entwertet diese nur wie die 100 Soldaten – sie werden zu Massengegnern, verlieren ihre einzigartige Bedrohung.
Auch wird der Tod für die Bösen hier billig – er interessiert sie nicht und gerade das macht die Dunkelelfen an mehreren Stellen ineffizient; trotz Wiedererweckung kostet ein Ableben Zeit und vergibt Chancen. In der Folge verlieren die Elfen viel Bedrohlichkeit in Inkompetenz: Sie sind eben eine gesichtslose von Kanonenfutter in der auch der eine benannte Elf untergeht. Dass zum Schluss dann auch noch eine Möglichkeit hervorgezaubert wird, sie doch endgültig zu töten, hilft nicht wirklich.
Überfrachtung durch Mythen und Detail
Die Dunkelelfen sind nicht einmal die Hauptgegner; das ist die Schneekönigin, die auch Mias Bruder in ihrer Gewalt hat. Man denke H.C. Andersen samt Eissplitter nahe dem Herzen - in diesem Fall Mias Herzen. Das setzt die Protagonisten unter Zeitdruck: die Königin muss sterben bevor der Splitter Mias Herz erreicht. Dieses Gefühl kommt jedoch nie auf, der Splitter ist nahezu irrelevant und auch die Königin steht nur im Hintergrund. Der Grund ist eine Überladung mit vielen Plots und Einflechtungen, die ich weder aufzählen will noch kann.
Gehen wir von H.C. Andersen weiter: Zwerge, Laurins Rosengarten, ein Eisschloss, Baba Yaga, ein Zauberwald… Alle haben Potential, kein Schauplatz oder Element ist an sich schlecht. Aber es ist zu viel. Der Rosengarten verkommt zum Wegwerf-Schauplatz; Baba Yaga hat keine Relevanz für die Handlung. Man kann aus verschiedenen literarischen und folkloristischen Vorlagen ein rundes Ganzes machen. Gesa Schwartz schafft dies leider nicht sondern überfrachtet ihren Roman. Alles scheint nur dazu aufzutauchen um zum Ende den bösen Unsterblichen eine Armee von Allen Guten Kreaturen™ gegenüberzustellen, mitsamt großem Helden und dessen Initiationsgeschichte.
Weiter geht es mit zu vielen Details: Beschreibungen werden oft viel klarer als nötig – und damit unnötig lang. Die „Special Effects“ scheinen ebenfalls immer noch einen drauf geben zu müssen, aber wegkochende Haut und dergleichen verlieren ihren Reiz auch und insbesondere wenn das „Opfer“ bald wieder aufersteht. Es ist einfach mehr und mehr und immer mehr, mehr, mehr; mehr, das die Geschichte gar nicht benötigt. Das klarste Fazit lautet: Weniger wäre mehr gewesen, denn Grim (immerhin Namensgeber der Reihe) und Mia gehen in den verschiedenen Teil-Handlungen ein wenig unter.
Das Licht: Interessante Ideen
Interessante Ideen hat der Roman – sie kommen lediglich zu kurz. Ein Beispiel ist das Licht des Titels: es ist Fantasie, Vorstellungskraft - etwas, das den Menschen des Romans (und bei Übertragung: den Menschen heute) abhanden geht. So sieht man dann auch Menschen, die sich nach den Feen zurücksehnen, selbst als jene grausam in die Welt eindringen. Auf diese weise setzt sich die Handlung um Mia und Jakob als Hartiden fort, als Menschen die auch die geheime Welt des Übernatürlichen sehen und diese den Menschen wieder nahe bringen wollen. Aber die Fortsetzung ist nur sehr locker, zu vermischt mit allem – wenn auch das Auftauchen verschiedener übernatürlicher Hintergründe an vollkommen mundanen Dingen gelungen ist und eine Verbindung zur normalen Welt schafft.
Gedankenlose Verschwendung
Eines schmerzte mich wirklich persönlich: Wie kann man es nur wagen, jahrhundertealte Schriften zu Konfetti zu verarbeiten und in Flammen zu setzen! Nur für einen Zauber; nur um ein paar Leben zu retten! Vor allem aber: ohne auch nur einen Gedanken darauf zu verschwenden. Für eine philosophische Diskussion ist hier nicht der Platz, aber ein solcher Umgang mit kulturellen Artefakten ist einfach nur ignorant und barbarisch. Ein Leben ist NICHT immer mehr Wert als Kulturgut. Wenn es denn wenigstens eine Abwägung gegeben hätte… Aber nein. Dass in jedem zweiten Absatz oder so Haut und Knochen verdampft werden und Heilzauber in Massen gesprochen werden, überzeugt auch nicht mehr: Hier braucht man keinen Fokus, kein Material – warum also mussten Bücher leiden? Nebenbei wird vor Überanstrengung gewarnt – zu der es aber nie kommt. Auch die Magie, die Mia mit Hilfe des Eissplitters wirkt beschleunigt ihren Tod. Theoretisch, denn spürbar wird die Gefahr nicht. Die Protagonisten scheinen stattdessen Duracell-Batterien zu nutzen. Mit automatischer Schnellaufladung. Zu viel. Zu lang. Ohne Konsequenzen.
Gesa Schwartz KANN schreiben, daran habe ich keinen Zweifel.Der Anfang des Romans ist gelungen, der EINE Gegner würdig. Doch es kommt immer mehr hinzu, genug für zwei oder auch drei (kürzere) Romane: Anspielungen auf Mythen, Zweifel und sonstige Gedankengänge machen den Roman immer langsamer und langsamer. Das lässt die gute Geschichte vom „Erbe des Lichts“ untergehen – über gewisse Längen muss man sich leider hinwegzwingen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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