Shaans Bürde
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Seit seiner Geburt steht Shaans Schicksal fest: er ist der hundertste Nachkomme des Shai'Lanhal, des Beschützers der Lanhal, der Verkörperung des Guten. Als solcher ist auch er erneut ein Shai'Lanhal - und erneut steht ein Kampf mit der Verkörperung des Bösen und seinem Streiter bevor, dem Yinyal.
Die Jugend Shaans ist beschwerlich: stets muss er seine magischen Kräfte üben, Kampftechniken und Entbehrungen, seinen Körper zum Äußersten treiben. Sein Leben hat nur einen Zweck: eine neue Ära dunkler Magie zu verhindern, indem er die Lanhal beschützt - und das Ganze ohne dass sie es weiß. Denn erst nach ihrem sechzehnten Geburtstag erwacht die Lanhal - und sie muss es selbst wissen, ohne dass ihr Beschützer es ihr sagen kann oder ihr seine Magie offenbart. In jenen Fällen hätte die jeweilige Seite verloren. Schließlich ergeht der Ruf der Lanhal, doch Shaan fühlt ich keineswegs der Aufgabe gewachsen: allzu oft hat ihm sein Vater seine Fehler vor Augen geführt - und wie soll er den Yinyal töten, der doch eigentlich nur ein unwissender Junge ist?
Das Buch erhält 7 von 10 Punkten.
Der Grundplot ist schnell offensichtlich: Prophezeiung des Helden, Hinarbeiten auf Auseinandersetzung, finaler Konflikt. Die eigentliche Frage ist jedoch, wie es gelingt, diesen Grundplot auszugestalten und besonders zu machen. Dies versucht Susanne Gavénis auf zwei Arten, die den Roman von anderen abheben: Erstens gibt es nicht einmalig einen Helden der von aller Welt erwartet wird. Stattdessen gibt es alle hundert Generationen eine geheime Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse. Zweitens hat Shaan mindestens in den Augen seines Vaters wenig Heldenhaftes. Er ist ein Held mit deutlichen Minderwertigkeitskomplexen, deren Ursprung allzu deutlich und nachvollziehbar ist. Leider macht ihn das auch zu einem bisweilen weinerlichen "Helden" der mindestens mir zwischendurch auf die Nerven ging. Die 100-Generationen-Prophezeiung ist neu, allerdings trägt sie auch nicht wesentlich dazu bei, die Handlung von einer einmaligen Prophezeiung abzuheben.
In diesem Bereich zeigt sich auch die erste große Schwäche des Romans: Der gesamte Prolog dient kaum mehr als einen gewaltigen Berg an Exposition abzuladen. Zwar wird diese zu teilen gut in Handlung eingebunden aber große Teile bleiben Erklärung, die lediglich den Leer mit Informationen versorgt. Hinzu kommt besonders am Anfang übermäßige Beschreibung der Umgebung, die mich eigentlich nicht interessiert und vor allem die Handlung nicht in Schwung kommen lässt. Sicher, es gibt eine Motivation für die besondere Wettersituation, aber letztlich hätte ich darauf lieber verzichtet. Wohlgemerkt: die Beschreibung ist nicht schlecht – aber sie nimmt der Geschichte am Anfang jede Möglichkeit, Schwung aufzunehmen Der gesamte Prolog hätte meines Erachtens besser entfallen sollen - das Nötige hätte man auch nachreichen können bzw. es wird sogar wiederholt.
Nach diesem Prolog jedoch kommt auch endlich etwas Tempo auf, allerdings kommt es auch immer wieder zu Längen, mit bedingt durch einen einzigen Haupt-Schauplatz (bei 590 Seiten!). Shaans Selbstzweifel heben ihn dauerhaft einerseits von anderen Helden ab, können andererseits aber auch nerven. Irritierend mag manchem sein, dass die Regeln der Auseinandersetzung unmotiviert sind. Eine Erklärung, warum es genau so geschehen muss wird nicht gegeben. Überhaupt wirkt die Welt, abgesehen davon dass es nun einmal die Welt der Handlung ist, ziemlich leer. Dies mag sich nun nach einem Widerspruch anhören: ich möchte keine unnötige Exposition und weniger Beschreibung aber gleichzeitig bemängele ich, dass die Welt nicht ausgestaltet ist? In der Tat. Ich habe kein Problem mit "unfertigen" Welten, aber ich frage mich beispielsweise, wieso die Regeln genau so existieren und weshalb es diesen Kampf überhaupt gibt. Die wenigen Orte der Handlung hängen zudem in der Luft. Zwar gibt es dort jeweils eine eigene Atmosphäre, aber letztlich wirken die Orte isoliert und ich habe nicht das Gefühl, einer "echten" Welt gegenüber zu sitzen. Es entsteht viel mehr das Gefühl von Szenen und Schnitten als das einer zusammenhängenden Geographie.
Nach einigen Anfangsschwierigkeiten ergibt sich jedoch eine schön zu lesende Geschichte, wenn nicht herausragend so doch gut - und mit mehr Potential als verwirklicht wurde. Shaan zweifelt weiter an sich selbst und kann in dieser Hinsicht nerven, aber er zeigt auch deutliche Skrupel vor der Aufgabe und weigert sich, alle möglichen Gegner zu töten, wie es andere Shai'Lanhal getan haben. Der Roman ist deutlich psychologisiert, fährt aber trotzdem recht eingleisig und simpel. Rätsel gibt es nicht und Shaan zeigt auch keine psychologischen Eigenheiten, die von einem „typischen“ Helden mit Minderwertigkeitskomplex abweichen. Der Fokus liegt trotzdem auf seinen Gefühlen und denen Delejas, der Lanhal. Andere Figuren bekommen nur Farbtupfer ab; die Feinde Shaans gewinnen keine Kontur und stehen letztlich nur als zu besiegendes Übel da. Die Familie der Lanhal bietet wenig mehr und oft will man sich auf die Lippen beißen, da niemandem endlich die Erleuchtung kommt, was los ist - trotz Anstrengungen Shaans. Vorhersehbar ist der Roman außerdem - was passieren wird bekommt der Leser im ersten Kapitel gesagt und ein Endkampf ist fast schon obligatorisch. Dieser Endkampf ist wenig mitreißend weil zu kurz, aber wird zumindest auf überzeugende Art entschieden; der folgende Epilog folgt bester Hollywood-Tradition.
"Shaans Bürde" ist beileibe kein schlechter Roman, er hat nur diverse kleinere Mängel, die sich addieren. Der langsame Anfang schreckt zunächst ab; Shaan selbst wirkt oft weinerlich und nicht wie ein Held - aber gerade das mag man als positiv empfinden; die "Regeln" der Auseinandersetzungen sind künstlich; die Handlung insgesamt ist vorhersehbar und gradlinig. Letztlich ist es aber auch der "weinerliche" Held, welcher weiterlesen lässt und die Handlung um den prophezeiten Retter variiert. Wer nichts dagegen hat und auch mit einer vorhersehbaren Handlung keine Probleme hat, kann hier zugreifen - wer strahlende, unfehlbare Retter oder allmächtige Magier sucht, wird enttäuscht; in diesem Sinne ist "Shaans Bürde" vergleichsweise "realistisch" für Fantasy: es gibt keine phantastischen Völker, Magie ist sehr begrenzt, die Menschen sind vor allem menschlich, wenngleich in den meisten Fällen blass. Ironischerweise, mag man hinzufügen, würde eine Niederlage Shaans die Welt deutlich stärker in Richtung Fantasy verschieben. Shaans Bürde ist wenig geeignet für Leser, die eine schnelle Handlung bevorzugen und eine gute Wahl für Leser, die die psychologische Entwicklung der (Haupt-)Charaktere schätzen.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
Diese Rezension wurde zuletzt geändert am und ursprünglich veröffentlicht am .
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Lesermeinungen:
Name: Kamelie | Bewertung: (10) | Datum: 16.09.2024 10:14:12 |
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