Engel lieben gefährlich
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Elionore Brevents Leben ist nach einem Jahr mit dem Werjaguar Vincent ruhig – sieht man einmal von dem Vampir Nicolas ab, der in ihrem Garten Zauber übt. Doch die Ruhe hält nicht lang. Nicht nur muss Vincent überraschend nach Brasilien wo er doch tatsächlich eine Arbeit hatte, bevor er als Werjaguar herumstreifte; auch schafft es der Vampir, einen Zauber zu vermasseln und kurz darauf entführt zu werden – und das trotz Schutzengel. Und Florentine, so ihr Name, hat sich zu allem Überfluss auch noch in Nicolas verliebt, was natürlich nicht erlaubt ist. Gemeinsam mit dem bald arbeitslosen Engel macht Eli sich auf, Nicolas zu retten – an ihrer Seite kein Vincent, aber dafür der mysteriöse Pax.
Das Buch erhält 8 von 10 Punkten.
Der zweite Elionore Brevent-Roman gehört zu einer Serie, bei der man einsteigen kann ohne das Gefühl zu haben, Wesentliches verpasst zu haben – was freilich auch heißt dass einiges nach Standardmustern abläuft. Der Roman glänzt jedoch an anderen Stellen mit einem low-magic Setting in Deutschland und "echten", bodenständigen Figuren.
"Normale" Fantasy in Deutschland
Darf man Fantasy realistisch nennen? Sicher gibt es hier eine Skala von offen auftretendem Übernatürlichem, das auch normale Menschen wahrnehmen, bis hin zum verborgenem Wundersamen. "Engel lieben gefährlich" reiht sich auf dieser Skala auf der extremen Seite des verborgenen und „realistischen“ ein: Die Protagonistin ist eine Erdhexe und mit einem Jaguar zusammen; Engel, Vampire und andere Wesen tauchen auf, sind der Allgemeinheit aber nicht bekannt und verhalten sich auch unauffällig. Statt sich kaum übersehbare Kämpfe zu liefern gehen sie in der Normalbevölkerung auf und haben auch ganz normale Berufe: Eli ist beispielsweise Maklerin, was als bodenständiger Beruf auch zu einer Erdhexe passt. „Bodenständig“ kann man auch das Setting in Deutschland nennen, das dem Roman einen eigenen Reiz verleiht: es muss doch nicht immer Amerika sein! Wobei der Handlungsort zugegebenermaßen nicht wichtig ist und statt von Hamburg bis ins südliche Niedersachsen auch sonst wo spielen könnte – eine echte Ortsgeschichte ist der Roman nicht.
Hauptplot: Engel und Liebe - mit direktem Humor und Schlagfertigkeit
Am ehesten passt dieses rosa noch zum Engel Florentine, den man schnell und ein wenig klischeehaft zusammenfassen kann; süß, leicht naiv ("Bittebittebittebitte!") und mit einem gewissen Koffein-Problem sowie bisweilen recht unengelhafter Ausdrucksweise. Dass der Roman eine zentrale Liebesgeschichte enthält, muss nicht weiter erwähnt werden und diese entwickelt sich recht vorhersehbar: Der Schutzengel verliebt sich, der Geliebte wird entführt, große Such- und Rettungsaktion.
Weit mehr als dieser Plot nehmen die Charaktere ein: Sie sind allesamt „normale“ Figuren, die nicht wie Marvels Superhelden durch die Lande ziehen. Ja, Eli hext und der gefallene Engel, der sich Pax nennt, verfügt ganz offensichtlich über enorme Kräfte; die Vampire sollte man ebenfalls nicht harmlos nennen. Aber all diese übernatürlichen Wesen agieren dezent im Verborgenen, unsichtbar für Normalos.
Auch bleibt die Handlung recht stringent: Überschüssige Figuren sorgen lediglich für ein wenig Hintergrundstimmung, z.B. Vincent, der für den Großteil des Romans abwesend ist. Weitere Textur erhält die Welt durch die Einbindung historischen Geschehens: Der Vulkan Eyjafjallajökull bricht zum Handlungszeitpunkt aus - und Gnome sind dafür verantwortlich. Durch derartige Randbemerkungen schafft die Autorin unaufdringlich ein Gefühl für die weitere Welt, in der ebenfalls heimliche übernatürliche Wesen agieren. Dies hat jedoch keine direkte Relevanz für die Handlung und verschlungene Nebenplots bleiben aus.
Kleinere Schwächen und Stilfrage
Statt diesen wird die Handlung durch die Protagonistin und Ich-Erzählerin Eli ausgeschmückt. Eli redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. (Nebenbei: Wer hat denn die rosa Schrift auf dem Cover ausgewählt? Uff! Die Farbe passt nun wirklich nicht zu Elis Ton.) Über diesen Stil mit Leser-Ansprachen und in der Präsens-Form kann man durchaus gemischter Gefühle sein; in jedem Fall ist er eine Abwechslung kommt weitestgehend authentisch herüber. Nur weitestgehend, denn die Schlagfertigkeit der Protagonistin ist zwar amüsant (und daher akzeptabel), bisweilen aber zu gut um glaubhaft zu sein. Eine bildhafte und prägnante Sprache machen das Lesen einfach und angenehm; kleiner Schwächen sind Ausdrücke, die ich einfach nicht von ihr erwartet hätte und manchmal dürftige Erklärungen. (Wäre der biographische Ansatz nicht ausgelutscht bis zum Geht-Nicht-Mehr, könnte man durchaus überlegen, wieweit die Autorin sich selbst projiziert. Für eine unterhaltsame Geschichte ist dies aber völlig irrelevant.) Dies gilt auch für das Ende bei dem einiges offen bleibt und eindeutig auf weitere Romane vorausdeutet. Vorausdeutungen gelingen der Autorin so oder so subtil: schon recht früh beginnt Florentine, Federn zu verlieren.
Fazit: „Engel lieben gefährlich“ ist ein Roman in Deutschland in dem die Ich-Erzählerin frei nach Schnauze redet. Der Grund-Plot ist wenig überraschend aber die Figuren sind erfreulich „echt“: bodenständig und trotz übernatürlichen Kräften weit von Buffy-Rambos entfernt. Eine interessante Abwechslung für Freunde von Low-Magic Settings.
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Nico hat besonderes Interesse an Fantasy sowie ihrem Bezug zur Realität und anderen Texten (Intertextualität). Nico studierte Literatur in Deutschland und England. Wenn er nicht liest, läuft er oder ist im Tischtennis unterwegs.
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